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Behinderte und Nichtbehinderte in einer Klasse?

Vortrag Professor für gemeinsame Ausbildung – „Sonderschulbedürftigkeit ist Quatsch“ (AZ 24.4.2010)

Die gemeinsame Beschulung von Kindern mit und ohne Behinderung war das Thema von Hans Wocken, Sonderpädagogik-Professor aus Hamburg. Der Wissenschaftler „im Un-Ruhestand“ sprach auf Einladung der „Beratungsstelle für Schulen“ vor rund 200 Lehrern. Den Begriff der „Sonderschulbedürftigkeit“, der in den deutschen Schulgesetzen den Besuch von Förderschulen für Kinder mit Behinderungen vorschreibt, bezeichnete er als „Quatsch“: „Manche Kinder bedürften wohl einer besonderen Erziehung aber keiner besonderen Schule.“ Kinder mit Problemen im Lernen, im Verhalten und der Sprache könnten in der Regelschule genau so unterrichtet werden wie Kinder mit Körper- und Sinnesbeeinträchtigungen oder mit geistiger Behinderung. Hierfür müsste ein Unterstützungssystem von Sonderschullehrern an den Grund- und Hauptschulen eingerichtet werden.

Aber vor allem müsste sich die Schule an die Lernbedürfnisse der Kinder anpassen und nicht umgekehrt. Professor Wocken hält die inklusive Beschulung nach Berechnungen von Hochschul-Kollegen sogar finanziell für etwas günstiger als die nebeneinander bestehenden Systeme von Regel- und Förderschulen. Im Meinungsaustausch mit den Kollegen aus der schulischen Praxis schränkte Wocken sein inklusives Schulmodell auf die Jahrgangsstufen 1 bis 6 ein und räumte auch ein, dass dem Förderbedarf von einigen wenigen Kindern auch eine inklusive Schule nicht gerecht werden könne. Professor Wocken gab als Ziel eine gemeinsame Beschulung für rund 80 Prozent der Schüler an. Hilfreich für die Umsetzung sind seiner Meinung nach der Schülerrückgang in den nächsten Jahren und die UN-Behinderten-Rechte- Konvention. Darin verpflichtete sich Deutschland für den schulischen Bereich, geeignete Schritte einzuleiten, Kindern mit Behinderung den gemeinsamen Unterricht mit Kindern ohne Behinderung zu ermöglichen. (az)